Der emotionale Angelhaken an dem Konflikte hängen

Geschrieben von: Prof. Dr. Max Lüscher

Wer sich missverstanden fühlt, reagiert mit Trotz oder wird aggressiv. Manche hingegen sind deprimiert und resignieren, viele jedoch werden zum bequemen Ausweicher, zum opportunistischen Anpasser oder zum raffinierten Lügner.

Wer sich missverstanden fühlt, quält sich, dass er nicht verstanden wird oder mit seinem Anliegen nicht ernst genommen wird. Aber wenige kennen den Ausweg aus der quälenden Sackgasse.

Was läuft ab?

Die Rückkopplung

Die Empörung, missverstanden zu werden, erzeugt einen körperlichen Zustand der Erregtheit. Dabei fällt es einem nicht ein, dass man sich selber in Erregung versetzt. Dieser physiologische Zustand der Aufregung ist mit der Vorstellung des anderen Menschen oder der Situation verknüpft, worüber man sich aufregt. Darum bildet man sich ein, man sei es nicht selbst, der die Erregung erzeugt, sondern man meint und ist überzeugt, dass es der Andere sei der die physiologische Erregung erzeuge: der Partner, der Vorgesetzte, der Kollege, der Lehrer, der  Mitschüler, die Eltern, die Geschwister.

Man unterscheidet nicht, dass die Vorstellung im Neocortext des Grosshirns statt findet, dass aber die eigene Erregung in andern Teilen des Körpers abläuft. Die ständige Rückkopplung zwischen der Vorstellung und der eigenen Aufregung schaukelt sich auf und verstärkt sich. Durch die dauernde Wiederholung wird sie fixiert.  Deshalb bleibt man im Gefühl der Empörung oder im Gefühl beleidigt oder enttäuscht zu sein, wie in einer Sackgasse stecken.

Wer an dieser Darstellung der Rückkopplung zwischen der körperlichen Erregung und der Vorstellung zweifelt, kann beobachten, dass eine sexuelle Vorstellung oder irgendeine Art von Sexappeal spontan eine physiologische Körperreaktion auslöst. Dass aber auch umgekehrt, die körperliche, hormonale Verfassung, was bei Tieren die Brunstzeit ist, sexuelle Begierden und Vorstellungen auslöst.

Die zerstörerische Fixierung

Schädliche Rückkopplungen können zu traumatischen Fixierungen werden. Die Fixierung äussert sich in einer der zahllosen charakterlichen Entartungen, die sich in den kleinen und grossen Lastern äussern, von der Süchtigkeit bis zur Kriminalität, von der Depression bis zum Suizid. Wer die schädliche Rückkopplung nicht auflöst, schädigt sein Leben.

Gibt es einen Ausweg?

Der Verstand ist überzeugt, dass die Vorstellung und die Meinung richtig seien. Dadurch begünstigt der Verstand die Rückkopplung und unterstützt den Konflikt. Darum ist es der Verstand, der die Normalisierung verhindert.

Warum kann der Verstand den schädlichen Angelhaken nicht entfernen?  Er kann es nicht, weil die fixierte Rückkopplung zwischen der Vorstellung des Verstandes und der physiologisch erlebten Erregung zur Gewohnheit und Überzeugung geworden ist.